Superfood – kleine Kraftpakete?
Die neuen „Stars im Supermarktregal“ wie Acai, Chiasamen, Gojibeeren, Quinoa und Acerola kommen, wie so oft, aus den USA. Es handelt sich um reine, unverarbeitete Nahrungsmittel aus Pflanzen, Algen, Samen, Beeren, Früchten und Gemüse. Sie werden als besonders nährstoffreich beworben und verkauft. Zudem sollen sie reich an sekundären Pflanzenstoffen, Ballaststoffen, Fettsäuren (Omega-3/6/9), Eiweiß, Vitaminen, Mineralstoffen, Aminosäuren, Antioxidantien und Chlorophyll sein. Versprochen wird: schlank, jung, konzentriert, faltenfrei und vor allem gesund zu bleiben. Superfood soll den Einstieg in eine bewusste, gesunde Ernährung einfach und unkompliziert machen, so ist wohl die zunehmende Popularität und wachsende Anhängerzahl zu erklären. Veganer, Rohköstler, ambitionierte Sportler und immer mehr „Durchschnittsesser“ sind begeistert. Beliebt sind Trockenfrüchte, Nüsse und Pulver, die einfach zu den gewohnten Speisen wie Müsli, Joghurt oder auf den Salat dazu gegeben werden.
Für den Verbraucher ist es oft schwer herauszufinden, was die hochgelobten Mega-Lebensmittel wirklich können. Denn es gibt keine lebensmittelrechtlich bindende Definition für Superfood, eher schwammige Aussagen, wie „Lebensmittel mit einem überdurchschnittlich hohen Nähr- und Inhaltsstoffgehalt“, aus dem der zusätzliche Nutzen resultiere.
Auch Wissenschaftler und Verbraucherschützer beurteilen Superfood eher nüchtern. Sie kritisieren den Begriff „Superfood“ als Bezeichnung, die im Marketing und nicht in der Wissenschaft verwendet wird und darüber hinaus eine Extraklasse von Lebensmitteln suggeriert. Dabei bieten unverarbeitete Lebensmittel weitaus mehr. Jedes wenig verarbeitete Lebensmittel hat einen positiven Nutzen für die Gesundheit, allein wegen der vielen Inhaltsstoffen.
Warum ist Superfood gar nicht so super?
Viele Sorten des exotischen Superfoods lassen sich nicht in Deutschland anbauen Demnach ist ein Import notwendig. Die unbekannten Lebensmittel bieten somit ein schwer einschätzbares Allergiepotenzial, da der Körper mit bislang unbekannten Eiweißen in Kontakt kommt. Besonders problematisch sind hierbei zahlreiche Kreuzallergien. Bei manchem Superfood ist der Konsum unter Umständen sogar schädlich, Gojibeeren beispielsweise können Wechselwirkungen mit Blutverdünnern auslösen und sind außerdem stark pestizidbelastet.
Den höheren Preis für die Produkte nehmen die Kunden bereitwillig in Kauf. „Das erinnert ein wenig an die Anfangszeit der Bio-Produkte“ sagt Martin Fassnacht, Professor für Marketing. Supermärkte sind immer auf der Suche nach neuen Produkten und nutzen Biomärkte dabei oft als Inspirationsquelle.
„Viel Marketing, wenig Substanz“ fasst Armin Valet, Lebensmittelexperte bei der Verbraucherzentrale Hamburg, zusammen. „Bei hochtrabenden Versprechen muss man vorsichtig sein, das ist selten seriös.“ Fakt ist: Die Werbung verspricht jede Menge, aber Superfood ist vor allem eine Marketingstrategie.
Was können die Beeren wirklich?
Mit einem erhöhten Konsum von Superfood die eigenen Ernährungssünden auszugleichen und das schlechte Gewissen zu beruhigen wäre falsch, kostspielig und könnte Risiken bergen. Es gibt einige Studien, die nachweisen, dass diese Lebensmittel wirklich eine gesundheitsfördernde Wirkung besitzen, allerdings wurden diese in Laboren mit Tierversuchen oder isolierten menschlichen Zellkulturen erstellt. Dabei isst, lebt und reagiert jeder Mensch anders. Weshalb die tatsächlichen Auswirkungen auf die Gesundheit nicht bewiesen sind. Die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen hat eine Übersicht zur Wirkung einiger Superfoods veröffentlicht und bestätigt, dass „Wunder“ nicht erwartet werden dürfen.
Empfohlen wird, sich möglichst abwechslungsreich und mit unverarbeiteten Lebensmitteln zu ernähren, um sich optimal mit den notwendigen Nährstoffen zu versorgen. Gutes Superfood zeichnet sich durch einen hohen Grad an Natürlichkeit aus. Bio-Qualität garantiert zudem eine geringe Belastung mit Schadstoffen.
Armin Valets Tipp: „Jeder muss einfach schauen, was ihm gut tut“.
Superfood aus der Region
Im Gegensatz zu den unbekannten exotischen „Superstars“ mit weiter Reise kann man auch auf heimische Wellness-Joker setzen. Zum Beispiel: Heidelbeeren, Sanddorn, Brokkoli, Rote Bete, Leinsamen und Kürbiskerne. Diese Lebensmittel bringen viel Geschmack, zusätzliche Frische, jede Menge innere Werte und sind genauso gesund, dazu nicht nur günstiger, sondern auch sicherer.
Um als Superfood zu gelten spielen auch Saisonalität und Reife der Lebensmittel eine Rolle. So sind Tomaten nur im Sommer ein Superfood, im Winter hingegen nicht.
Erst denken, dann kaufen
Ein ultimatives Wundermittel für Schönheit und Gesundheit sind Superfoods nicht, das sollte jedem klar sein. Dennoch verfügen sie über wertvolle und gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe, die sich positiv auf den Körper auswirken. „Superhelden“ – vorzugsweise aus heimischen Regionen – sind als ergänzende Lebensmittel durchaus sinnvoll.
Tipp: Zusammenstellung einzelner Superfoods in Tabellenform als PDF-Datei