Spielen ohne Spielzeug

Hopsi und Klopsi sind heute aufgeregt. Sie haben, wie die anderen Kinder auch, schon die ganze Woche verschiedene Kartons, Rollen und andere Sachen aus Pappe gesammelt und jeden Tag ein paar Sachen davon im Kindergarten abgegeben. Die Erzieherinnen haben alles entgegengenommen und gesagt, dass sie damit eine Überraschung für die Kinder vorbereiten.

“Wir freuen uns riesig, wieviel ihr gesammelt habt”, sagen die Erzieherinnen zu den Kindern, die alle gespannt vor ihnen sitzen. “Wir haben im Bewegungsraum Platz gemacht. Alle Sportmatten, Bälle und anderen Geräte haben wir zur Seite geräumt, damit wir Platz haben für…”, fahren sie fort, als Klopsi sie unterbricht: “Wofür? Wofür? Wofüüüüür?”, fragt er aufgeregt. “Psssst, Klopsi”, kichert Hopsi und tippt ihrem Bruder auf die Schulter.

Die Erzieherinnen lachen. “Lasst uns gemeinsam in den Bewegungsraum gehen und wir zeigen euch, was wir vorbereitet haben”, grinsen sie und gehen gesammelt als Gruppe zum Raum. Als sie die Tür öffnen, schauen sich die Kinder verwundert an. “Das sind ja all unsere gesammelten Pappsachen”, wundert sich Luca. “Da ist noch der Karton von meinem Puppenhaus”, erzählt Lisa und zeigt auf einen grünen Karton. Die Kinder gehen langsam in den Raum und schauen sich um. Dort, wo vorher die Sportmatten lagen, stapeln sich jetzt viele Kartons in verschiedenen Größen, außerdem sind überall große Pappstücke und Papprollen in unterschiedlichen Längen und Breiten verteilt.

“Heute machen wir ein kleines Experiment: Spielen ohne Spielzeug”, erklärt Birgit, eine der beiden Erzieherinnen. Sie fügt hinzu: “Ihr dürft eurer Fantasie freien Lauf lassen und euch aus der Pappe alles bauen, was ihr möchtet”. Die Kinder sind für einen kurzen Moment still. Doch dann macht sich ein große Grinsen auf ihren Gesichtern breit. Sie reden wild durcheinander und schnappen sich die ersten Teile aus Pappe. “Ich baue ein Schloss”, erzählt Mara ihrer Freundin und fragt, ob sie ihr helfen wolle. “Damit alles gut zusammenhält und ihr eure Sachen verzieren könnt, bekommt jeder von euch noch eine Rolle Klebeband, etwas Farbe und ein paar Kleinigkeiten zum Schmücken”, sagt Birgit und teilt die Utensilien aus.

Klopsi schnappt sich seinen Freund Oscar. Sie errichten eine Ritterburg mit Wachtürmen und einem großen Burgtor. Die Wände wollen sie so anmalen, das sie so aussieht, als würde sie aus Steinen bestehen. Dabei begutachten sie skeptisch, das die Mädchen in der anderen Ecke des Raumes so machen. “Sie scheinen ein Prinzessinnenschloss bauen zu wollen”, grübelt Klopsi. Sie sehen, dass Hopsi, Mara und Sophie auf dem Boden und ihre Traumschlösser zuerst auf ein Blatt Papier zeichnen. “Das dauert doch viel zu lange. Wir legen lieber sofort los, dann geht es viel schneller”, erklärt Oscar Klopsi und schaut ihn dabei entschlossen an. Klopsi nickt und schnappt sich den ersten Karton.

Die Mädchen bekommen davon nichts mit und konzentrieren sich auf ihr Projekt. Jede von ihnen hat ihre eigene Vorstellung von einem Prinzessinnenschloss. Hopsis Schloss hat eine riesige Treppe und in den Räumen stehen wunderschöne Säulen. Außerdem hat es ein goldenes Dach. Die Schlösser von den anderen Mädchen haben eine Wendeltreppe und einen großen Balkon. Nun diskutieren sie, wie ihr gemeinsames Schloss aussehen soll. Schnell werden sie sich einig. Sie stapeln die Kisten aufeinander, kleben viele Papprollen zusammen und schnappen sich ihre Lieblingsfarben und Glitzersteinchen, um ihrem Schloss den letzten Schliff zu verpassen.

Bei den Jungs sieht es etwas anders aus. Um schnell fertig zu werden, haben sie nicht darauf geachtet, was der andere tut und sich nicht abgesprochen. Plötzlich hat die Ritterburg fünf Türme. Viel schlimmer ist aber, dass das Burgtor fehlt und die Mauer nicht so aussieht, als würde sie aus Steinen bestehen. Jeder gibt dem anderen die Schuld. Klopsi will aber nicht streiten. Das mag er nicht. Deshalb macht er Vorschläge, wer was machen sollte, damit sie am Ende eine richtig tolle Ritterburg haben. Oscar ist einverstanden: “Das finde ich gut. Lass uns nochmal anfangen. Zusammen schaffen wir das.”

Die Zeit vergeht wie im Flug. Alle Kinder sind glücklich darüber, was sie Tolles aus Pappe und ein paar anderen Sachen gebastelt haben. “Eure Schlösser und Ritterburgen sehen wirklich toll aus”, loben die Erzieherinnen die Kinder. “Coole Ritterburg”, sagt Hopsi zu ihrem Bruder. “Und für ein Prinzessinnenschloss, sieht das gar nicht so schlecht aus, was ihr da gebaut habt”, kichern die Jungs.

Als die Eltern ihre Kinder aus dem Kindergarten abholen, nehmen diese ihre Mamas und Papas an die Hand und zeigen ihnen stolz ihre Ergebnisse, bevor sie nach Hause gehen. Sie freuen sich darüber, dass die Sachen noch ein paar Tage in dem Raum so stehen bleiben dürfen und sie morgen noch ein bisschen weiter an ihren neuen Häusern bauen können. “Wow. Das habt ihr gebaut? Vielleicht sollten wir statt dem Baumhaus lieber zusammen eine Pappburg für den Garten bauen?”, schmunzelt Hopsis und Klopsis Papa. “Wir machen einfach beides, Papa!”, lachen die Kinder. Auf dem Heimweg schmieden sie erste Pläne, wie die Pappburg wohl aussehen könnte: “Hier zwei Tore, kunterbunte Dachziegel, eine große Fahne und und und ….”.